"Enter" drücken, um zum Inhalt weiterzugehen

Humorlos und mit Kanonen – die AfD mahnt mich ab

Der Mendener SPD-Stadtrat Sebastian Meisterjahn hatte im November die Idee zu einer satirischen Aktion, die bundesweit Nachahmer fand: er sicherte sich die Internetdomain seiner Heimatstadt, die auch für die lokale AfD (sog. „Alternative für Deutschland“) interessant gewesen sein könnte: afd-menden.de.

Abmahnung im Namen der AfD, die auch auf ganz kleine Leute gern sofort mit ganz großen Kanonen schießt

Um den Namen dieser Domain mit dem Kürzel „afd“ zu erklären, versicherte er augenzwinkend, auf dieser Seite residiere bald schon die Aktion „Aktenordner für Dänemark – Sektion Menden“. Schon bald schlossen sich in ganz Deutschland andere dieser satirischen Aktion an und sicherten sich ebenfalls Domains, die mit dem Kürzel „afd“ begannen. Auch ich selbst fand die Aktion cool und registrierte die bislang nicht registrierte Domain „afd-nordschwaben.de“. Dort wurde von mir die bald kommende Webseite der Aktion „Aktenordner für Dänemark“, Sektion Nordschwaben/Donauwörth, angekündigt. Das war Ende November.

Jetzt erreichte mich im Auftrag der „AfD“ eine Abmahnung der Kölner Promi-Kanzlei Höcker, die z.B. auch Erdogan in Deutschland vertritt, in Höhe von sagenhaften 1832,00 €. Vorwurf: Verletzung des Namensrechtes. Für Besucher der Seite afd-nordschwaben.de komme es zu einer „Zuordnungsverwirrung“. Es sei klar erkennbar, dass hier der Name der Partei genutzt werde. 

Anwalt Dr. Carsten Brennecke erklärte zu dieser Abmahnaktion, die bundesweit inzwischen systematisch Domaininhaber einer Aktenordner- bzw. „afd-„Domain traf, gegenüber der WAZ: „Die AfD könne über die Aktion „Aktenordner für Dänemark“ durchaus lachen, […] dennoch bleibe es bei einem „rechtswidrigen Eingriff ins Markenrecht“.

Anstatt zivilisiert anzufragen oder nach einer wirklichen Alternative im Umgang zu suchen, richtet die „AfD“ sofort die ganz großen Kanonen auf den politisch aktiven Bürger und beweist damit, dass sie zwar genug Geld hat, um 1a-Anwaltskanzleien zu bezahlen, aber nicht einen Funken Humor, geschweige denn für Satire besitzt.

Es gibt ein paar Dinge, die mich wirklich aufregen:

  • Mir liegt das Schreiben momentan nur als Scan vor, der per Mail kam. Das offizielle Schreiben der Anwälte ist mir noch gar nicht zugegangen. Dies liegt – anscheinend – auf der Post (ich hatte eine Einschreiben-Benachrichtung der Post im Briefkasten). Wenn ich dieses morgen von der Post abhole, bleibt mir weniger als einen Tag Zeit für eine angemessene Reaktion.
  • Bundesweit sind etliche Leute betroffen. Es scheint Taktik der Anwälte, durch das enge Zeitfenster einen sinnvollen Zusammenschluss der Betroffenen zu verhindern. Anstatt sich gemeinsam gegen das unverhältnismäßige Vorgehen der „AfD“ zu wehren, muss so jeder notgedrungen einzeln vor Ort reagieren.
  • Die ganze „Aktenordner für Dänemark“-Aktion ist – hallo AfD! – Satire! Einer satirischen Aktion zu unterstellen, es käme zu einer „Zuordnungsverwirrung“, finde ich ziemlich Banane. Natürlich hat meine Beteiligung an der Aktenordner-für-Dänemark-Aktion eine politische Stoßrichtung – aber auch das ist ein gutes Recht von Satire.
  • Ich kann nur mit Kopfschütteln feststellen, dass die Kanzlei Höcker, die für die „AfD“ erst letzten Dezember das Recht auf Satire juristisch gegen den Bürgermeister von Gelsenkirchen durchzusetzen wusste, jetzt wieder juristisch gegen eine Satire-Aktion vorgeht. Leider – auch aufgrund fehlender Öffentlichkeit und fehlendem finanziellen Polster der meisten Betroffenen – mit größerer Aussicht auf Erfolg. Gerne würde ich das Ganze bis zum Ende juristisch durchfechten, aber dazu fehlen mir bei aller Streitlust die Mittel.
  • Die „AfD“ erweckt bei mir den Eindruck, dass Ihr mit diesem Vorgehen absolut nichts an sachlicher Auseinandersetzung und schon gar nicht an der Verhältnismäßigkeit der Mittel liegt, sondern ihr es für mich nur ums „Plattmachen“ und ums „Mundtotmachen“ von Bürgern geht, die wie ich die AfD kritisch sehen.

Ich selbst halte die Forderung der AfD-Anwälte in jedem Fall für zu hoch – ob ich jedoch eine Chance habe, aus der Sache ohne finanziellen Schaden herauszukommen, vermag ich nicht zu sagen – das werden die nächsten Tage und meine anwaltliche Vertretung zeigen.

Die meisten Nachahmer der Domain-Aktion von Meisterjahn haben übrigens Ihre „Aktenordner für Dänemark“-Domains wegen des juristischen Drucks inzwischen vom Netz genommen. Um meinen guten Willen auf Einigung zu zeigen, habe ich die Domains ebenfalls heute vom Netz genommen und die sofortige Löschung beantragt. Auf Facebook werden ebenfalls Seiten der Satire-Aktion gelöscht (entstehen aber anscheinend auch sehr schnell dort wieder neu).

Was stand nun auf meiner – inzwischen vom Netz gegangenen – Seite? Einfach nur dieser Satz:

Initiative „Aktenordner für Dänemark – Sektion Nordschwaben/Donauwörth“. Aktenordner für Dänemark – eine gute Sache! Wir sind der Meinung, dass auch dänische Kommunen nicht im Papierchaos versinken müssen. Daher sammeln wir Aktenordnerspenden für unsere netten nördlichen Nachbarn.

Mit 1830,00€ ein Satz, der mir jetzt lieb und teuer ist.

 

 

12 Comments

  1. Wolf Busch 19. Dezember 2016

    moin!
    ich würde empfehlen, ihrem anwalt, sofern der das noch nicht selbst herausgefunden hat, folgende markenauskunft zu übermitteln:
    https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/registerHABM?AKZ=015694896&CURSOR=18
    Dabei handelt es sich um das blatt zur meines wissens einzigen marke, die die alternative für deutschland eintragen ließ, die sich jedoch im widerspruchsverfahren befindet. der anfechter ist ein verlag, der selbst eine gültige marke „AFD“ besitzt, die durchaus auch im fachbereich der afd verortet ist („Herausgabe von Zeitschriften, Büchern und Texten (ausgenommen Werbetexte), auch in elektronischer Form; Erziehung, Ausbildung und Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten; Organisation und Durchführung von Seminaren, Tagungen, Symposien, Vortragsveranstaltungen, Lesungen, Kolloquien, „):
    https://register.dpma.de/DPMAregister/marke/registerHABM?AKZ=011742467&CURSOR=19
    das heisst, die marke „AFD“ ist insofern nicht unumstritten, ein wirklich guter anwalt sollte daraus vielleicht etwas machen können…;)

  2. Bob 19. Dezember 2016

    Niemals zahlen! Niemals Nachgeben. Schmähbrief an den sogenannten Anwalt schicken, Fortbildung empfehlen. Damit habe ich schon andere Promi-Anwälte geärgert. Die geben dann meist auf.

  3. Heiko Baumann 19. Dezember 2016

    Ich verstehe dieses Einknicken nun wirklich nicht. Bloß wegen einer unsinnigen „Abmahnung“, die eben per Kopie und Mail als nicht rechtsgültig zugestellt gelten sollte. Und wozu jetzt schon ein Anwalt? Heraus geschmissenes Geld. Einfach nichts tun und es drauf ankommen lassen. Vor Gericht wird der Betrag wahrscheinlich eh deutlich sinken, wenn überhaupt Aussicht auf Erfolg für die AfD besteht, was ich deutlich bezweifle.

    Kontaktieren Sie doch mal den bekannten Anwalt Strate, vielleicht vertritt dieser Sie sogar kostenlos. Der dürfte die Aktion auch amüsant finden. Strate würde diese geltungssüchtige und im Fall Böhmermann unfähige Kanzlei sowieso zerlegen, wie wohl jeder gute Anwalt auch. Der Typ hat doch überhaupt keine Erfahrung. Und deswegen dient er sich Erdogan auch an. Ein bisschen Vitamin-B und schon bildet man sich ein, man wäre ebenso berühmt, wie sein Klient.

  4. wolf busch 20. Dezember 2016

    hallo ulrich berens,
    dieser kommentar ist wohl hier eher nicht zur veröffentlichung gedacht, aber vielleicht als kleine hilfestellung:
    sie haben schon recht, das ganze ist nicht so auf die leichte schulter zu nehmen, wie bei fb teils dargestellt. ich hatte auch bereits das eher zweifelhafte vergnügen, mich gegen ungerechtfertigte ansprüche bezüglich marke und domain zur wehr setzen zu müssen und durfte mich deshalb auch schon sehr intensiv mit der materie beschäftigen.
    ich sehe hier vor allem zwei punkte:
    1.) wurde ihnen dieses dokument auf dem postwege (oder persönlich ;) )zugestellt? wenn ja, dann läuft natürlich auch die frist, wenn nein, dann gilt das dokument als nicht zugestellt und somit für sie quasi nicht existent.
    2.) gab es zum zeitpunkt ihres domaineintrages bereits einen kreisverband afd-nordschwaben?
    wenn ja, wird´s eher etwas schwieriger, denn dann hätten die im zweifel die älteren rechte. wenn man das durchfechten möchte, sähe ich dennoch gute chancen, gerade weil a) der name „AFD“ als kürzel für die alternative für deutschland ja derzeit in einem widerspruchsverfahren hängt und b) die afd selbst mal den namen voll ausgeschrieben nutzt und mal nur das kürzel (somit auch seitens der afd keine eindeutige zuordnung des kürzels „AFD“, also kein gewohnheitsrecht durch nutzung )
    nur, dann kann´s durchaus teuer werden, darauf würde ich mich im zweifel als einzelperson auch eher nicht einlassen, weil die kosten schnell ins endlose steigen.
    falls aber der kreisverband afd nordschwaben erst nach ihrem domaineintrag gegründet worden sein sollte, wäre das überhaupt kein problem. denn dann haben sie die älteren rechte.
    in dem falle würde ich das der anwaltskanzlei mitteilen und das zusätzlich mit der ankündigung verknüpfen, daß sie ggf rechtliche schritte gegen die afd-nordschwaben einleiten, falls die die widerrechtliche nutzung dieses namens nicht umgehend einstellen. man kann den leuten durchaus auch noch klarmachen, daß die durchsetzung ihrer (älteren) rechte nicht nur ebenfalls eine strafbewehrte unterlassungsverfügung zur folge hätte, sondern daß dann zusätzlich alles, was die an druckmaterialien etc. mit dem kürzel versehen haben, vernichtet werden muß. sie können dann ja den ausgeschriebenen namen nutzen, der nichts mit ihrem projekt „aktenordner für dänemark“ zu tun hat..
    was sie auch noch versuchen können, ist ein widerspruch, in dem sie sich auf den markenstreit zwischen afd und dem verlag beziehen mit dem versuch, die aufschiebung dieser erklärung zu erreichen, dann selbstverständlich ohne kostenübernahme der anwaltskosten des gegners.
    ob das so aber funzt, kann ich als juristischer laie nicht sicher sagen, dazu müssten sie sich mit ihrem (hoffentlich) markenrechtlich beschlagenen anwalt beraten. so könnten sie evtl. zumindest die kosten vermeiden.
    zur frist: in der regel gilt bei solchen geschichten eine mindesfrist von 3 tagen (ab zugang postalisch!) als angemessen. eine geringere frist nur dann, wenn es um gravierende verstöße geht..
    und am witzigsten wäre es natürlich, wenn sie die beiden domains an den klagenden verlag abgeben könnten (falls die die haben wollen). am besten mit einer freiwilligen unterlassungserklärung gegenüber dem verlag verknüpft. denn dann wäre die unterlassungserklärung gegenüber der afd meines laienhaften verständnisses nach per se völlig gegenstandslos (es kann nur einen rechteinhaber geben!), also auch nicht abzugeben und somit könnten auch keine entsprechenden kosten gegen sie geltend gemacht werden.. dann müssten die das mit dem verlag ausraufen, der ihnen sowieso bereits auf dem schlips steht.
    ich würde das auf jeden fall versuchen und mich zumindest einmal mit dem verlag in verbindung setzen. könnte ja sein, daß die auch nicht besonders gut auf die afd zu sprechen sind und deshalb kooperieren…

    • Ulrich Berens 20. Dezember 2016

      Hallo Wolf Busch,
      erst einmal wirklich Danke für die ausführliche Rückmeldung. Es ist eine schöne und im Netz leider eher seltene Erfahrung, Solidarität zu spüren – ich weiß das sehr zu schätzen.
      Ich versuche mal auf ein paar Punkte einzugehen.
      zu 1) Das Dokument wurde mir vorab per Email und dann auch auf dem Postwege zugestellt. Letzteres erreichte mich gestern, weil ich am Wochenende unterwegs war. Frist blieb dann nur einen Tag. Das sei aber durchaus so üblich und zulässig, hieß es von Seiten der Anwälte.
      zu 2) Ja, einen solchen Kreisverband „Nordschwaben“ gab es.
      Das ist auch der Grund, warum ich wohl klein bei geben muss. Ich habe mit vier Anwälten (!) gesprochen, die Meinungen waren da sehr eindeutig. D.h. ich werde die Unterlassung wohl abgeben müssen.
      Ungereimtheiten bleiben – und einige davon haben Sie schon in Ihrem ersten Kommentar angesprochen. Ein kleines Beispiel: gebe ich „afd.de“ oder „afd-deutschland.de“ oder auch nur „afd-pfaffenhofen.de“ ein, erscheinen Seiten, die nichts mit der AfD zu tun haben. Das heißt, die im anwaltlichen Drohschreiben beschriebene „Zuordnungsverwirrung“ besteht nicht erst durch meine oder andere „afd-…..de“-Seiten, sondern ist quasi so schon historisch. Dazu kommt die von Ihnen erwähnte markenrechtliche Auseinandersetzung mit dem Verlag. Von daher erscheint auch der angegebene Streitwert viel zu hoch angesetzt.
      Vermuten konnte ich eine solche Reaktion mit der Keule zudem nicht. Die AfD ließ ja nach den ersten Domainregistrierungen noch verlauten, man sehe das Ganze gelassen und mit Humor. Der jedenfalls ist denen sehr schnell abhanden gekommen.

      • wolf busch 20. Dezember 2016

        daß die afd ihren humor sehr schnell verliert, sobald sie sich unterlegen fühlt, oder man ihr „die butter vom brot nimmt“, ist mir wohlbekannt…
        auch fürchte ich, daß die abgabe der erklärung ihrerseits derzeit wohl die beste, weil günstigste lösung sein dürfte, der ältere zeitrang spielt hier die wesentliche rolle.
        ich habe bereits einmal vorgeschlagen, über ein crowdfunding portal einen rechtshilfefonds einzurichten, auf den zukünftig betroffene zugreifen können, sobald sie von der afd entsprechend belangt werden. ich denke, es fänden sich genügend spender, um diesen fonds mit ausreichenden mitteln zu versorgen.
        denn sowohl das gebaren der afd selbst als auch ihres anwaltlichen vertreters zeugen davon, daß viele solcher aktionen eher unbedacht und eigentlich nicht besonders erfolgversprechend gestartet werden, alleine die angst des einzelnen spielt ihnen in die hände.
        höchste zeit also, daß diesen menschen der große rest der gesellschaft endlich aufzeigt, daß sie sich von einer kleinen, radikalen, menschenverachtenden gruppierung nicht die marschrichtung aufzwingen lässt und den spieß umdreht.
        die gründung eines vereins „aktenordner für dänemark“ mit entsprechend aussagekräftiger satzung (der name des vereins muss nicht gleichzeitig programm sein..) wäre z.b. eine sinnvolle sache, dies muß jedoch kein e.v. sein, hier reicht durchaus die „kleinere“ variante des nicht eingetragenen vereins, die auch mit weniger verpflichtungen einher geht.
        es wäre dann auch bspw. die proaktive nutzung des fonds denkbar, bspw. zur durchsetzung markenrechtlicher ansprüche
        .

  5. Astrid 20. Dezember 2016

    Zwei meiner dänischen Freunde fanden die Aktion toll. Wenn es also nachzuweisen gilt, dass hier ernsthaft Aktenordner für Dänemark gesammelt werden sollten, bitte melden.
    Jetzt müssen meine beiden Freunde wohl im Papierchaos versinken.

    • Ulrich Berens 20. Dezember 2016

      Hallo Astrid,
      ja, ich hatte wirklich etliche Leute hier vor Ort, die mit mir für die Aktenorder-Initiative einstehen wollten. Es war sogar ein e.V. im Gespräch. Leider reicht dies nicht, um die Ansprüche auf eine „afd-….de“-Domain zu untermauern und zu belegen – da waren sich die Anwälte, mit denen ich gesprochen habe, sehr einig.
      Schade!
      Sag Deinen dänischen Freunden einen herzlichen Gruß! :-)

      • Michael Lang 5. Januar 2017

        Das selbe Späßchen geht jetzt bei mir.

        Wie komme ich aus den Anwaltskosten raus?

  6. Michael Lang 5. Januar 2017

    Habe auch ein Abmahnungsschreiben bekommen, Gesammtbetrag für 7 Domains € 2611,93

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert