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Alte Objektive wiederbelebt

Zwerg trifft Riese: Das Zeiss-Tessar an meiner Canon 40D

Angeregt durch einen Artikel in der c’t special Digitale Fotografie habe ich mir bei Ebay zwei alte Objektive für den in analogen Zeiten beliebten M42-Schraubanschluss ersteigert. Einmal ein lichtstarkes Carl Zeiss Jena Tessar 2,8/50mm in Vollmetallausfertigung und ein Pentacon 2,8/135mm, also zwei Festbrennweiten. Die c’t empfahl diese beiden alten DDR-Objektive als hochwertig und als oft sehr günstig zu bekommen – und in der Tat habe ich zusammen nicht mehr als 50 Euro für beide Objektive ausgeben müssen.

Um die Objektiven jedoch an meine Canon DSLR anschließen zu können, brauchte ich entsprechende M42-Adapter für Canon. Einfache Adapter für M42-Objektive gibt es schon ab 10 Euro, diese haben allerdings keinen Chip, der – selbstverständlich bei manueller Scharfstellung – eine Autofokus-Rückmeldung gibt – und auf diese Bequemlichkeit wollte ich dann doch nicht verzichten. Für beide Adapter zusammen wechselten noch einmal ca. 50 Euro den Besitzer.

Carl Zeiss Tessar 2,8/50 (Crop, Effekt: Crossentwickelt)
Beispielbild aufgenommen mit dem Carl Zeiss Tessar 2,8/50 (Crop, Effekt: Crossentwickelt)

Was soll ich sagen: Haptik und Wertigkeit beider Objektive sind einmalig. Während das Pentacon, das aus schwarzem Metall gefertigt ist und über eine integrierte Sonnenblende verfügt, recht schwer ist und an meiner Canon 40D nicht weiter als „fremd“ auffällt, ist das zierliche Zeiss-Tessar mit seinem hellen Metall-Body schon ein auffällig kleines Objektiv an der 40D – und selbst an meiner 1000D sieht es aus als hätte es sich verlaufen.

Aber: es macht total Spaß mit beiden Objektiven zu fotografieren. Allein schon durch die notwendige manuelle Fokussierung nehme ich mir mehr Zeit für Motiv. Dazu kommt: die Abbildungsleistung beider Objektive ist sehr gut, die Schärfe – besonders in den Bildecken – ist jedoch nur mäßig.

Tolles Rohr: Das Pentacon 2,8/135 an der Canon 40D

Besonders schön ist jedoch die Abbildung des Unschärfebereichs (das Bokeh) beider Objektive, wie man an den Beispielfotos unschwer erkennen kann. Besonders das Pentacon-Objektiv ist eine ideale Portraitlinse: die leicht schimmernde Weichzeichnung schmeichelt dem Portrait, während der Hintergrund sehr schon in Unschärfe aufgeht. Leider hat mein Pentacon nur 6 Lamellen, es existieren ansonsten baugleiche Objektive mit 15 oder 16 Lamellen, die das Bokeh noch einmal weicher abbilden.

Lichtspiele: Das Carl Zeiss Tessar löst bei offener Blende den Hinterhrund sehr schön auf

Das Zeiss-Tessar ist ein kleines mechanisches Kunstwerk, wird an einer DSLR umgerechnet bereits zu einem leichten Tele und weist ebenfalls ein sehr schönes Bokeh auf, das Portraits sehr schmeichelt.

Wer sich für diese Art von „alten“ Objektiven interessiert, sollte den verwendeten M42-Adaptern ein besonderes Augenmerk widmen: nicht alle mit einem Chip versehene Adapter stellen auf unendlich scharf. Am Pentacon-Objektiv verwende ich z.B. einen Adapter von phototools24.de, der dort auch auf unendlich scharf stellt – nicht aber jedoch am Zeiss-Tessar. Hier wurde ich bei Amazon fündig: mit dem Adapter von tinxi-shop (Trifoo M42 Adapter) klappt jetzt auch hier die Scharfstellung auf unendlich.

Wer sich für das Thema interessiert, kann gern anfragen. Hier noch ein weiterführender Link: Testbericht von Pascal Stingl über das Pentacon 2,8/135. Stingl testet auf seiner Seite auch noch weitere ältere Objektive.

Mein Fazit ist: für wenig Geld kann man interessante Optiken vergangener analoger Zeiten an seiner DSLR wiederbeleben. Die Fotos überzeugen und das manuelle Fokussieren – gerade mit einer Festbrennweite – entschleunigt angenehm und hilft, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren.

6 Comments

  1. Lutz 27. September 2011

    Oh ja, das sind zwei gute Linsen. Ich habe das Pentacon 2.8 / 135mm M42 und bin über Pascal’s Testbericht hier auf deine Seite gekommen.
    Vor nicht all zu langer Zeit habe ich mir einige „antike“ Festbrennweiten (135/2,8, 2x 50/2,8 und 1x 24/2,8) verschiedener Hersteller bei E**y ersteigert und muss sagen, dass die an meiner 30D hervorragend funktionieren. ich habe keinen Chip-Adapter und somit auch mehr Ausschuss durch unscharfe Fotos. Allerdings kann ich damit leben und bin immer wieder begeistert, wenn ich dann doch ein gutes Foto dabei habe.

  2. Uli 27. September 2011

    Hallo Lutz,
    Danke für deine Rückmeldung! Ich finde, das fotografieren mit diesen alten Schätzen entschleunigt so schön: ich fotografiere irgendwie überlegter und bewusster.

    Du erwähnst in Deiner Objektivliste eine lichtstarke 24mm Festbrennweite. Würde mich sehr interessieren, welche genau Du hast und wie Deine Erfahrungen damit sind.

    Uli

  3. Thomas 24. April 2014

    Hallo,
    auch ich bin absolut begeistert von den alten Linsen. Es macht einfach Spaß damit zu fotografieren. Irgendwie denkt man beim manuellen fokussieren automatisch nochmal nach, was im Bild eigentlich scharf sein soll.
    Ich nutze mittlerweile folgende Objektive an meiner 700D:
    – 2,8/28 MC mit Prakticar B
    – 2,8/135 MC mit Praktikar B
    – 2,9/50 Meyer Optik mit Altix-Bajonet

    Ein 1,8/50 ist noch zu mir unterwegs

    Die Objektive mit Prakticar-B liesen sich auch sehr einfach adaptieren.

    Für mich ist die Firmware-Erweiterung „Magic-Lantern“ eine große Hilfe. Man hat hier dieverse Fokussierhilfen im Live-View. (Lupe, Fokus-Peaks..)

    Dake für den Beitrag!

    Grüße

  4. Jörn Walther 17. Januar 2015

    Hallo !

    Ich benutze schon viele Jahre , jetzt an meiner Nikon DSLR , das 15 Lamellen Pentacon 2,8/135 . Ich liebe dieses Objektiv , weil es für mich , neben seiner herforagenten Abbildungsleistung , auch eineen ideellen Wert besitzt . Ich habe es 1979 von meinem 1. Lehrlingsgeld gekauft .

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